"This time it's hiding in the most terrifying place of all" - Werbezitat
Nach dem an den Kinokassen erfolgreichen
"Aliens" sollte es für Hollywoodverhältnisse lange, sechs Jahre dauern, ehe
Sigourney Weaver wieder in die Rolle der Ellen Ripley schlüpfte und sich, wiederum unter einem neuen Regisseur, ins Weltall aufmachte. Nach
James Camerons Overkill in
"Aliens" durfte man getrost die Frage stellen, wie man diesen nahezu perfekten Film noch überbieten, noch weiter steigern will. Und folglich war die Entscheidung, das exakte Gegenstück zu
"Aliens" zu drehen, nur logisch.
Walter Hill, der neben seiner Produzententätigkeit auch am Script mitschrieb, tat das einzig Richtige, auch wenn es in der Ausführung nicht ganz ideal umgesetzt wurde und etliche weitere Faktoren mit einwirkten.
Entscheidend für den Wechsel innerhalb des Aufbaus war auch ein damals noch vollkommen unbekannter Mann, der mit der Regiearbeit für diesen dritten Teil beauftragt wurde:
David Fincher. Drei Jahre bevor er mit
"Sieben" DEN Film der 90er Jahre drehen würde, war es nicht viel mehr als eine Reihe von Musikvideos, darunter auch einige für Madonna, die als Referenz herhalten konnten. Trotzdem gelang es
Fincher schon in diesem ersten Spielfilm seinen eigenen Stil zu prägen und mit diesem einem Film seinen Stempel aufzudrücken, auch wenn man diese Tatsache erst nach Filmen wie
"Fight Club und
"Panic Room" wirklich zu würdigen wusste.
"Alien³" lebt von seiner Atmosphäre, von stimmigen, intensiven Bildern, die Einsamkeit und Düsternis zelebrieren. Dabei war
Fincher keineswegs die erste Wahl für die Position. Nachdem
Renny Harlin zu Gunsten von
"Stirb Langsam 2" absagte, war es unter Anderem einmal mehr Produzent
Walter Hill (
"Nur 48 Stunden") der sich schon veranlasst sah auf den Sitz des Regisseurs zu steigen. Erst kurz vor Drehbeginn fand man mit
Fincher den idealen Mann, der trotz der geringen Zeit bis Drehbeginn noch etliche eigene Ideen einbringen konnte. Den Querelen und Streitereien, die um den Film entstanden, konnte er dann aber auch wenig entgegensetzen. Doch dazu später mehr.
"The bitch is back!" - Werbezitat
Nach dem Ende von Teil 2 ist es einmal mehr ein unvorhergesehener Zwischenstopp, diesmal in Form eines Absturzes, der die Handlung ins Rollen bringt. Hier begeht
Fincher bzw. das Drehbuch auch gleich den größten Fehler. Die in Teil 2 entstandene "Familie" aus Newt, Ripley und dem Androiden Bishop wird bereits in den ersten Minuten unwiederbringlich und äußerst unelegant zerrissen, um somit erneut Ripley in das Zentrum zu stellen. Die muss sich dieses mal allein auf einem Planeten unter lauter Männern behaupten, die in einer Art Gefängnis eine Lebensgemeinschaft zwischen religiösem Klosterleben und Strafverbüßung verbringen. Waffen sind auf dem Planeten verboten und das Militär, ein entscheidender Bestandteil von
Camerons Film, verirrt sich auch nicht auf den Planeten. Somit beschränkt sich der Film auch gleich in allen Bereichen, die sechs Jahre zuvor noch für Aufsehen gesorgt hatten. Auch bei der Auswahl des Feindes, der aus nur einem Alien besteht, gilt bei
Fincher "weniger ist mehr".
Und man muss ihm zu Gute halten, dass er aus diesen veränderten Vorzeichen einen eindringlichen Film extrahiert, der sich durch diese Limitierung aber leider auch hin und wieder selber etwas im Wege steht. Das zeigt sich hauptsächlich in der ersten Stunde des Films, die sich zwar in atmosphärischen Bildern präsentiert, aber insbesondere beim Voranbringen der Geschichte immer wieder ins Stocken gerät. Nach der anfänglichen Gleichschaltung Ripleys in optischer Hinsicht braucht der Film zu lange, um seine wenigen Protagonisten vorzustellen und die Beziehungen unter ihnen zu beleuchten. Auch vereinzelte Auftritte des Aliens sorgen da nicht wirklich für gesteigertes Tempo. Erst in der zweiten Hälfte nimmt der Film Fahrt auf und steigert sich bis zum im wahrsten Sinne des Wortes heißen Finale in den Hochöfen eines riesigen Stahlwerkes. Ein weiteres Problem ist dabei, dass die Figuren relativ blass und eindimensional bleiben. Ripley, die mittlerweile selber die Brut eines Außerirdischen in sich trägt, wird in ihrer Charakterentwicklung weit weniger ausgeleuchtet als es selbst
James Cameron in seinem Actiondauerfeuer gelungen ist und die anderen Figuren leiden auch etwas unter der storybedingten "Gleichschaltung" des Aussehens, die teilweise den Wiedererkennungswert doch erheblich einschränkt. Sie bleiben aber auch darüber hinaus wenig greifbar.
Highlights setzt
Fincher hingegen bei den (wenigen) schnellen Zugriffen des Aliens. Gefilmt zumeist aus der Egoperspektive des Wesens rast die Kamera durch die engen Schächte und Gänge des Stahlwerkes und setzt dabei Begriffe wie "Oben" und "Unten" vollkommen außer Kraft. Die Übergriffe sind bedeutend härter und blutiger ausgefallen als in den beiden Vorgängern und wirken damit ungleich drastischer.
Man wird den Eindruck nicht los, dass
Fincher sich teilweise nicht traut, den entscheidenden Schritt zu machen und den Film daher etwas in der Luft hängen lässt. So führt er auch mit der kurzfristigen Reaktivierung von Bishop eine Figur aus dem Vorgänger zurück, ohne diese aber entscheidend zu nutzen, eher wirkt es wie ein bewusstes Besinnen auf Altbekanntes, wobei der gesamte Rest des Films dem entgegensteht.
Wohltuend ist hingegen der kühle Inszenierungsstil, der einen vergessen lässt, dass hier ein (Spielfilm-)Debütant auf dem Regiestuhl sitzt. Fernab von Hochglanzoptik und schnellen Cuts zeigt
Fincher immer wieder sein Talent und seine Fähigkeit für das Spiel mit Bildern und der Kameratechnik. Sicherlich ist auch dieses nicht perfekt, aber das durfte man wohl von Seiten der Produzenten her auch kaum erwarten.
"3 times the suspense. 3 times the danger. 3 times the terror" - Werbezitat
Erstaunlicherweise blieb der Film, der mit einem Budget von geschätzten 65 Millionen Dollar mehr als das Dreifache von
"Aliens" kostete, zumindest in den USA weit hinter den Erwartungen zurück. Zwar erreichte der Film weltweit knappe 150 Millionen Dollar an den Kinokassen, aber er wurde damit keineswegs der Hit, den sich das Team von
20th Century Fox erhofft hatte. Mit ausschlaggebend dafür dürfte auch eine recht negative Presse sein, die der Film im Vorfeld erdulden musste. Dazu kamen (mal wieder) Streitereien mit
Sigourney Weaver bezüglich ihrer Rolle und ihrem Gehalt und die Tatsache, dass etliche Fachzeitschriften in den USA bereits im Vorfeld das Ende des Films verrieten und damit einen entscheidenden und unglaublich mutigen Schritt des Drehbuchs vorwegnahmen. Dem folgte ein Aufschrei unter der mittlerweile beachtlichen Fanschar, die mit einem definitiven Ende der Reihe alles andere als glücklich war.
Zu diesen Problemen gesellten sich eine Vielzahl weiterer, die teilweise von den Produzenten, teilweise vom Studio ausgingen. So versuchte
20th Century Fox immer wieder in die immer weiter steigenden Kosten einzugreifen und setzte dem Film mehrere Deadlines. Letztlich wurden die Dreharbeiten in England unterbrochen und erst später in L.A. fortgesetzt. Es wurden gigantische Kulissen im Werte von mehreren Millionen Dollar gebaut, die nie verwendet wurden,
Sigourney Weaver hatte sich eine Extraklausel in ihren Vertrag schreiben lassen, die ihr im Falle von Nachdrehs einen Bonus von zig-tausend Dollar garantierte, wenn sie sich die Haare erneut rasieren müsste, was natürlich so kam. Das ursprüngliche Budget wurde um mehr als 20 Millionen überschritten und
Sigourney Weaver zur damals bestbezahlten Schauspielerin in Hollywood, und das in einem Film, in dem sie ersten Drehbuchentwürfen zu Folge gar nicht mehr hätte mitspielen sollen. Da erscheint es schon fast nebensächlich, dass der Film nach dem letzten Drehtag noch ein Jahr lang nachbearbeitet und immer wieder umgeschnitten wurde.
Betrachtet man den fertigen Film aus diesen Gesichtspunkten, ist es immer noch ein Wunder, dass der Film zum einen überhaupt jemals veröffentlicht wurde und zum anderen doch noch wie eine Einheit wirkt. Letztlich hatte dann wohl doch die Angst des Studios vor einer kompletten Abschreibung des Budgets gesiegt. So darf dieser bis heute umstrittenste Film der Reihe sicherlich kritisch betrachtet werden und gerade inhaltlich bietet sich auch einiges an Angriffsfläche, aber unter den Umständen ist das auch kaum verwunderlich und der Respekt vor
David Fincher ist sicherlich nicht unangebracht, auch wenn dieser bis heute eher weniger gut auf den Film zu sprechen ist.
"Alien³" ist bei weitem kein schlechter Film, aber ein Film der verschenkten Möglichkeiten. Er hat damals die Fans gespalten und tut dies auch heute noch und bietet somit zumindest eine Menge Gesprächsstoff und Anlass für Diskussionen.
Auch hier wurde im Rahmen der "Alien Quadrilogy"-DVD-Box eine alternative Fassung veröffentlicht, die nahezu 30 Minuten länger geht als die Kinoversion. Dabei handelt es sich nicht um einen Director's Cut von
David Fincher, sondern Szenen, die dem Work Print entnommen wurden. Diese reduzieren ein wenig das Manko der unausgereiften Charaktere, nehmen dem Film aber zusätzlich das Tempo heraus und sind teilweise auch aus gutem Grund nicht von
Fincher verwendet worden. Diese Version zeigt letztlich sehr gut, welche Probleme und Veränderungen
"Alien³" in seiner Entstehung durchgemacht hat und wie sehr die Eingriffe durch Studios einem Filmentstehungsprozess schaden können.