Die Besatzung des Raumschiffes "Nostromo" ist nach einem Erkundungsflug auf dem Rückweg zur Erde. Aufgrund eines Computer-Notsignals landet die Crew auf einem unbekannten Planeten. In einem Raumschiff-Wrack entdeckt die Mannschaft ein fremdartiges Wesen, das trotz aller Vorsicht an Bord gelangt. Das scheinbar harmlose Wesen entwickelt sich zu einer tödlichen Gefahr. Auf grauenvolle Weise tötet es ein Besatzungsmitglied nach dem anderen ...
"Im Weltall hört dich niemand schreien."
Im Jahre 1979 schickte sich ein damals noch nahezu unbekannter Regisseur namens
Ridley Scott an, die Science-Fiction-Welt zu verändern. Während
Georg Lucas gerade an der Fortsetzung seines
"Krieg der Sterne" arbeitete und die Crew der
"Enterprise" sich auf ihren ersten Einsatz auf der Kinoleinwand vorbereitete, entstand in den Shepperton Studios in England ein Meilenstein, der bis heute nachwirkt. Was dort geschaffen wurde, war mehr als nur eine Galaxie von Captain Kirk und Luke Skywalker entfernt.
War der Weltall und seine Bevölkerung bis zu diesem Zeitpunkt zumeist eine Ansammlung von eher belustigenden Monstern, wie sie das B-Movie-Kino der 50er Jahre gleich in Scharen auf die Erde einfallen lies, oder aber von philosophischer Tiefe geprägt war (
"Solaris" oder
Kubricks
"2001" seien exemplarisch genannt), wurde mit
"Alien" erstmals der pure Terror ins All verfrachtet.
Ridley Scott, der nur zweite Wahl auf dem Regiestuhl war und
Walter Hill (
"The Driver",
"The Warriors") ersetzte, schuf aus Versatzstücken des klassischen Horrorkinos in Verbindung mit einer dreckigen und düsteren Optik und einem auf ein Minimum reduzierten Cast ein Paradebeispiel dafür, wie Spannung und Nervenkitzel im Kino funktionieren. Dabei ging man gleich eine Vielzahl neuer bzw. selten betretener Wege. Das beginnt bei der Besetzung der Hauptrolle mit einer Frau, was keineswegs von Beginn an so geplant war, Autor
Dan O'Bannon hatte eine männliche Figur im Kopf als er das Drehbuch mit
Ronald Shusett verfasste, und geht weiter über die durchaus drastische Gewaltdarstellung, die in ihrem trostlosen und direkten Einsatz bereits einen Vorgeschmack auf die kommenden 80er Jahre und ihr Kino der Extreme geben sollte.
Doch zunächst beginnt der Film mit trügerischer Ruhe. Knappe 6 Minuten vergehen ehe das erste Wort gesprochen wird. Zu Beginn wähnt man sich eher in Kubricks
"2001". Langsame Kameraschwenks, irgendwann gleitet die "Nostromo" (eine Verbeugung vor dem russischen Autor
Joseph Conrad) durch das Bild, im Schlepptau 20.000.000 Tonnen Erz, die zur Erde gebracht werden sollen. Optisch überwiegen auch hier, ähnlich wie in
"Star Wars", harte Kanten und raue Oberflächen beim Design des Raumschiffs. Weiter geht die ruhige Fahrt durch die Enge der Versorgungstunnels und Schächte der "Nostromo", die an ein U-Boot erinnern bis schließlich die Fahrt im hellen, reinen Weiß der Crew-Unterkünfte endet. Ebenso endet hier auch die Ruhe und der künstliche Tiefschlaf der Crew. Mit deren Erwachen auf Grund eines aufgefangenen Notsignals, insgesamt sind es 7 Crewmitglieder, erwacht auch der Film. Es zeigen sich erste Konflikte innerhalb der Crew auf, es wird deutlich, dass hier keineswegs strahlende Helden vereint sind, sondern Arbeiter, die eher wie eine Zweckgemeinschaft von Fernfahrern anmuten.
Gleichzeitig zeigt
Ridley Scott auch schon zu Beginn auf, in welche Richtung sich sein Film entwickeln wird, bzw. welche Assoziationen sich finden lassen. So zieht sich Dallas (
Tom Skeritt) in den kleinen, beschützt wirkenden Raum der Kontrolleinheit von "Mother", dem Bordcomputer, zurück. Die Themen Schwangerschaft (repräsentiert auch durch den später gezeigten Entwicklungsgang der außerirdischen Kreatur) und Geburt ist allgegenwärtig und zieht sich als roter Faden durch alle Facetten der Handlung. Mal mehr unter der Oberfläche, mal aufdringlich direkt (so etwa in der berühmten "Chestbuster"-Szene) und wird auch durch das Design der Kreatur aufgegriffen.
Zunächst aber baut
Scott weiter an seiner düsteren Atmosphäre und der Ungewissheit, in die er den Zuschauer führt. Nach einer weiteren Konfliktpotential aufzeigenden Szene wird beschlossen, dem Notrufsignal zu folgen, das den künstlichen Tiefschlaf unterbrochen hat. Auf einem trostlosen Planeten, der von starken Stürmen umtost wird, zeigt sich dem Zuschauer zum ersten Mal, welch genialer Schachzug es war, den schweizer Exzentriker und Künstler
H.R. Giger mit ins Boot zu holen und ihn mit dem Design der Kreaturen und teilweise auch der Sets zu beauftragen. Es ist bis heute ein grandioses optisches Erlebnis, wenn man aus dem Nebel ein gigantisches Raumschiff (auch hier sind bereits die in
Gigers Werken allgegenwärtigen sexuellen Anspielungen zu erkennen) auftaucht. In dessen Inneren finden die 3 Mitglieder der Crew (Dallas, Kane und Lambert), die dem Signal folgen, einen versteinerten Außerirdischen gigantischer Größe, dessen Brustkorb von innen nach außen aufgesprengt wurde und hunderte von scheinbar lebenden Eiern. Aus einem von ihnen schlüpft etwas und greift ihn an. Das Wesen, eine Art Parasit, wird mit Kane in die Krankenstation der "Nostromo" gebracht.
Zudem Zeitpunkt, als mit Kanes "Infizierung" gleichzeitig auch Handlung und Erzählweise an Tempo gewinnen, zeigt sich
Scotts großes Talent für das Spielen mit dem Zuschauer. Er führt, anders als man vermuten könnte, keine schlichte Hetzjagd durch die Gänge des Raumschiffs durch, sondern konzentriert sich zunächst weiter auf seine Figuren. Er bringt immer mehr Ripley (
Sigourney Weaver), die bisher nicht mehr Screentime oder Aufmerksamkeit bekommen hatte als die anderen Mitglieder der Crew, in das Zentrum des Films und lässt letztlich gleichbedeutend mit der Explosion des Brustkorbs von Kane und der "Geburt" des Aliens den Film zu einem der Packendsten seiner Art werden.
Was folgt ist eine Jagd, in der sich schnell zeigt, dass die Menschen keineswegs die Jäger sind, sondern sich einem Feind gegenüber sehen, der in der Filmgeschichte seinesgleichen sucht. Gnadenlos, ohne Gefühle, letztlich nur aufs Töten und damit auf den Fortbestand der eigenen Spezies ausgerichtet, sind die Menschen ihm gnadenlos ausgeliefert. Und eben dieses Gefühl der absoluten Ungewissheit und Angst transportiert
Scott, unterstützt von den klaustrophobischen Bildern, die Kameramann
Derek Vanlint einfängt. Das von außen so groß dimensionierte Raumschiff zeigt sich in diesen Szenen als endloses Gewirr von Gängen und Schächten, das keinerlei Schutz und Rückzugspunkte für die Menschen bietet. So scheint dann den letzten noch lebenden Crew-Mitgliedern um Ripley auch die Flucht das einzig probate Mittel, doch vor der Flucht steht die Konfrontation mit dem Feind.
"Just one can kill seven."
Ridley Scott zeigt den Kampf zwischen den Menschen und der Kreatur aus dem All nicht als Actionspektakel, sondern konzentriert sich während des gesamten Films auf die düstere Atmosphäre und das Gefühl der Hilflosigkeit, das die Protagonisten durchleben. Die kurzen und immer treffsicher platzierten Konfrontationen mit
Gigers Alien-Kreation sind perfekt getimet und bedienen sich nahezu komplett der alten Weisheit
"um so weniger du von deinem Monster zeigst, umso bedrohlicher wirkt es". Wobei man im Falle von
"Alien" sagen muss, dass auch das im Finale dann mit längerer Screentime bedachte Wesen keineswegs lächerlich wirkt oder die Bedrohung auf Grund eines peinlichen Latexkostüms zerstört wird. Bis es aber zu eben dieser finalen Auseinandersetzung kommt, ist der "weniger ist mehr"-Gedanke das Beste, was
Scott tun konnte. So präsentiert sich das Wesen immer nur in Bruchteilen von Sekunden und nie komplett. Mal sieht man nur den Kopf, dann wieder nur einen Schatten. So funktioniert Suspense und wird Spannung aufgebaut.
Dabei lebt der Film aber neben seiner durchdachten und (wie bereits beschrieben) durchaus tiefgründigen und vielseitig interpretierbaren Story auch von seinen Darstellern. So finden sich neben
Veronica Cartwright, die heute hauptsächlich in US-Serien zu sehen ist, und
Yaphet Koto (
"Brubaker",
"Running Man") auch solch gestandene Mimen wie
Tom Skeritt,
Sir Ian Holm,
John Hurt oder
Harry Dean Stanton. Überragend ist aber sicherlich
Sigourney Weaver. Sie dürfte mit dieser Rolle nicht nur eine der ersten Frauen in einer klassischen Männerhauptrolle gewesen sein, sie zeigt auch, dass sie diese Rolle ohne Probleme ausfüllen kann und einer ganzen Filmreihe ihren Stempel aufdrücken kann. Dabei profitiert sie natürlich auch vom Drehbuch, das ihr (ebenso wie allen anderen Darstellern) die Möglichkeit bietet, den Figuren Tiefe und einen Hintergrund zu geben, der über die offensichtlichen Action- bzw. Horrorfilm-Klischees hinausgeht. Die Figur der Ripley ist auch dank ihrer toughen Art heute zu einem ebenso festen Bestandteil der Filmhistorie geworden wie etwa ein Rocky oder ein Rambo.
Einen weiteren großen Anteil am grandiosen Gesamteindruck, den der Film auch heute, ein viertel Jahrhundert nach seiner Produktion, noch vermittelt, haben die technischen Tricks und der Score von
Jerry Goldsmith. Dieser produzierte für
"Alien" einen für seine Verhältnisse erstaunlich zurückgenommenen und reduzierten Score, der sich aber immer perfekt in die Bilder einbindet und die Stimmung und latente Bedrohlichkeit großartig unterstützt. Auch auf technischer Seite und bei den Sets hat man großartiges geleistet, was 1979 dann auch entsprechend gewürdigt wurde. Neben einer Oscar-Nominierung für das beste Art-Direction Setting gab es einen der begehrten Goldjungen für die besten Special Effects. Diese wirken auch heute noch erstaunlich frisch und realistisch und das sowohl, was die Modelbauten angeht, wie auch die Creature-Effects. Herausragend sind hierbei sicherlich immer noch
H.R. Gigers Kreaturen, die damals wie heute mit zum Besten gehörten/gehören. Gleiches gilt auch für das Raumschiff-Design des Gestrandeten, das wie eine organische Lebensform mit Knochen und Gerippe wirkt und dabei doch so fremdartig und bedrückend. Im Bereich der Visual Effects ist sicherlich auch heute noch die Szene des aus dem Brustkorb brechenden Aliens am beeindruckendsten.
"Alien - Das unheimliche Wesen aus einer Fremden Welt", so der deutsche Verleihtitel, ist eines der richtungsweisenden Meisterwerke des Science-Fiction-Films, daran gibt es heute keinen Zweifel mehr. Unzählig sind die Filme, die sich bis heute bei
Ridley Scotts Meilenstein bedienen. Vom trashigen B-Movie bis hin zu hochbudgetierten Starvehikeln lassen sich die Einflüsse, die der Film vermittelt hat, weiterverfolgen. Die Klasse des "Originals" haben dabei die wenigsten auch nur ansatzweise erreichen können. Zumeist scheitert es schon am kontinuierlichen Aufbau der Spannung und Bedrohung die in
"Alien" einfach perfekt funktioniert.
Kaum verwunderlich also, dass diesem Film bis heute drei Fortsetzungen, ein Crossover Spin-off mit der
"Predator"-Reihe, eine Vielzahl an Fandevotionalien, Comics, Actionfiguren, Videospiele und vieles mehr folgten. Das alles, ausgehenden von diesem einen Film, der sich 1979 anschickte, dass Sci-Fi-Genre auf eine neue Ebene zu heben, sorgt dafür, dass das Alien-Universum kontinuierlich seine Fanzahlen erweitern kann und auch heute noch unzählige Zuschauer bei
Ridley Scotts Film das pure Grauen genießen und sich gemeinsam mit
Sigourney Weaver auf eine Reise in die Dunkelheit begeben. Einer der besten Filme des Genres, ohne Zweifel.
"The scariest movie ever made ... just got scarier!
Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung zum Director's Cut, den
Ridley Scott anlässlich des 25jährigen Jubiläums seines Films angefertigt hat. Dieser läuft insgesamt kürzer als die Originalversion und wurde in einigen Szenen auf mehr Tempo geschnitten, was aber kaum nötig gewesen wäre, da der Film in seiner ursprünglichen Fassung durchaus das ausgewogene Maß zwischen Tempo und Weiterentwicklung der Story bieten konnte und die nun teilweise umgeschnittenen und verkürzten Kamerafahrten durch die "Nostromo" das Gefühl der Ausweglosigkeit und Bedrohung der Protagonisten durchaus verstärkt hat. Für Fans sicherlich einen Blick wert, sollten sich Neueinsteiger (sofern es die denn überhaupt noch gibt) doch zunächst an die ursprüngliche Version machen.