"Jeder möchte an einen sicheren Ort leben. Ein Ort, wo die Kinder ohne Angst spielen können. Wo Straßenlaternen beruhigend hell sind. Mit anderen Worten: In einem dieser sicheren Vororte. Aber die waren nur sicher bis John Carpenter dort einzog ..." - Clive Barker
Wie macht man mit wenig Geld einen guten Horrorfilm? Diese Frage stellte sich 1977 sicherlich auch
Irwin Yablans (
"Tourist Trap", 1980), der mit geringen finanziellen Mitteln einen Genre-Film produzieren wollte, in der ein Babysitter in der Halloween-Nacht vor einem psychopathischen Killer flieht. Mit der Idee in petto und den Filmtitel im Kopf, suchte
Yablans einen geeigneten Regisseur für seinen Film und traf sich mit dem damals 29jährigen
John Carpenter, der zuvor bereits
"Assault on Precinct 13" inszenierte, welcher ebenfalls von
Yablans Firma
Compass International produziert wurde.
Yablans erzählte
Carpenter von seiner Idee von Halloween und dem Killer, welcher es auf die junge Babysitterin abgesehen hatte.
John Carpenter war schnell gewonnen, um nicht zu sagen "Feuer und Flamme" für das Konzept, sagte jedoch nur unter der Bedingung zu, dass er für das Projekt nicht nur mit absoluter künstlerischer Freiheit walten durfte, sondern schlussendlich auch den Finalcut bekommt und sein Name die Credits anführt. Zudem wollte
Carpenter die Musik selbst komponieren dürfen.
Sollte
Yablans diese Punkte bejahen, so würde er den von
Yablans schlicht
"Halloween" betitelten Film für nur 300.000 Dollar in nicht mehr als vier Wochen abdrehen.
Irwin Yablans war sichtlich überrascht, dass es dieser junge Regisseur doch tatsächlich für möglich hielt in vier Wochen einen kassenträchtigen Horrorfilm auf Basis dieses geringen Budgets zu inszenieren. Für ihn als Produzent war dies schon fast zu günstig, aber er ging den Deal mit
Carpenter ein.
Yablans hatte Vertrauen in den Mann, der mit
"Assault on Precinct 13" ein wahres Meisterwerk für einen Bruchteil von dem inszenierte, was
"Halloween" letztlich kosten sollte.
Mit der passenden Idee im Kopf und dem Regisseur im Gepäck machte sich der Produzent auf jemanden zu finden, der bereit wäre einer jungen und nahezu unerfahrenen Filmcrew mit dem nötigen Kapital auszuhelfen. Die Summe schien für einen Kinofilm vielleicht wirklich gering zu sein, aber sie war hoch genug, um den Gönner ins finanzielle Aus katapultieren zu können, falls denn etwas schief gehen sollte.
Aus eben jenen Finanzierungsgründen suchte man
Moustapha Akkad auf, welcher bereits in der Vergangenheit Geschäfte mit
Compass International getätigt hatte und die kleine Produktionsfirma mit etwas Geld unterstützte, ansonsten aber keinerlei Interesse an deren Arbeit zeigte.
Akkad inszenierte gerade
"Lion of Dessert", einen Historienfilm mit
Anthony Quinn und
Oliver Reed in den Hauptrollen, als
John Carpenter ihn anrief und um eine Audienz bat.
Akkad traf sich kurze Zeit später mit den beiden Filmemachern und lauschte ihren Ausführungen. Doch das veranschlagte Budget machte ihn stutzig. Für ihn fast war diese Summe fast schon unbedeutend gering und so konnte er es einfach nicht glauben, dass jemand wie der ihm gegenübersitzende, unerfahrene Regisseur damit einen Kinosäle füllenden Horrorfilm inszeniert wollte. Doch weder
Carpenter noch
Yablans ließen locker und so geschah es, dass
Yablans an
Akkads Ehre kratzte, indem er mitten in den Verhandlungen zu
John Carpenter sagte, dass
Moustapha Akkad vielleicht doch nicht der richtige Mann wäre, diese hohe Summe aufzutreiben. Der Rest ist Geschichte:
Akkad hielt bis zu seinem tragischen Tod im November 2005 das Halloween-Zepter hoch und fungierte in allen sieben Fortsetzungen der Endlosreihe als ausführender Produzent.
"Der leibhaftige Tod ist in ihre kleine Stadt gekommen" - Dr. Sam Loomis
Nachdem
Moustapha Akkad grünes Licht für
"Halloween" gab, setzte sich
John Carpenter direkt dran, das Drehbuch zu verfassen. Hilfe holte er sich bei
Debra Hill, welche ihn bereits bei
"Assault on Precinct 13" als Script Supervisor behilflich war. Beide schrieben das Drehbuch innerhalb von nur drei Wochen, wobei sich
Debra Hill überwiegend um die Ausarbeitung der weiblichen Charaktere und deren Dialoge kümmerte und
Carpenter mehr für das "böse Element" im Film zuständig war. Als Brutort des Schreckens wählten sie Haddonfield, Illinois - eine idyllische Kleinstadt, welche sich
Debra Hill aussuchte, da sie selbst in Haddonfield, New Jersey aufwuchs und der Meinung war, dass die "Jeder kennt Jeden"-Atmosphäre, der nach außen hin friedsam wirkenden Kleinstädte perfekt zu ihrer gemeinsamen Idee passe.
Und obgleich der Filmtitel schon stand, nannte sie ihr Skript
"The Babysitter Murderes" und erzählte die Geschichte des 6jährigen Michael Myers, der sich in der Halloween-Nacht des Jahres 1963 als Clown verkleidet in das Zimmer seiner älteren Schwester Judith schleicht und diese mit einem Fleischermesser tötet. Als Michaels Eltern nach Hause kommen, steht ihr Sohn vor der Haustür und hält das Messer noch in der Hand. Entsetzt über diese grausame, unfassbare Tat wird der kleine Junge in ein Sanatorium gebracht, in welchem er unter der Obhut von Dr. Loomis 15 Jahre lang vor sich hinvegetiert und kein einziges Wort mehr spricht. Für Dr. Loomis ist der Fall klar: Michael Myers ist ein gemeingefährlicher Psychopath, der nie wieder auf freien Fuß kommen darf ...
Im Jahre 1978, genauer gesagt am 30. Oktober 1978, laufen die Vorbereitungen für Halloween in Haddonfield auf Hochtouren. Kinder, welche als Geister und Hexen verkleidet von Haus zu Haus ziehen, um Süßigkeiten zu ergattern, erzählen sich Schauermärchen über das mittlerweile leer stehende Haus der Myers oder spielen den Erwachsenen kleine Halloweenstreiche. Die Idylle scheint perfekt, doch niemand hat damit gerechnet, dass das Böse jemals wieder nach Haddonfield zurückkehren würde - und zwar noch in dieser Nacht ...
Dr. Loomis ist erschüttert von der Vorstellung, dass der seit Jahren inhaftierte Michael Myers von einem Gericht wieder auf freien Fuß gesetzt werden soll und versucht alles in seiner Macht Stehende, um dies zu verhindern. Als er und eine Krankenschwester in einer regnerischen Nacht zum alten Sanatorium fahren, bricht für Dr. Loomis eine Welt zusammen: Die Insassen laufen frei auf dem Gelände herum, die Wärter melden sich nicht und plötzlich wird die Krankenschwester von einem Patienten angegriffen, der übermenschliche Kräfte zu haben scheint und mit dem Auto der beiden flieht. Michael Myers ist auf den Weg nach Hause ...

"Ich traf auf ein sechsjähriges Kind mit einem blassen, farblosen Gesicht, emotionslosen Blick und den schwärzesten Augen, die ich je sah. Ich habe acht Jahre lang versucht mit ihm in Kontakt zu treten und dann noch mal sieben Jahre um zu verhindern, dass er jemals wieder auf freien Fuß gesetzt wird. Ich weiß zu gut was sich hinter diesen Augen verbirgt. Es ist das absolut Böse ..." - Dr. Loomis
Mit diesem Zitat brachte
Carpenter seine eigenen Erfahrungen mit psychotischen Menschen ein. Als er diese Zeilen für die Rolle des Dr. Loomis schrieb, erinnerte er sich an seine Studienzeit zurück, als sie im Psychologieunterricht ein Sanatorium besuchten und
Carpenter einen kleinen Jungen sah, der regungslos auf einem Stuhl saß und auf eine weiße Wand starrte. Er war emotionslos, kalt und Angst einflößend - genauso sollte Michael Myers sein, ein eiskalter Killer, der keinerlei emotionale Regung zeigt. Inspiriert wurden die beiden jungen Drehbuchautoren von den Filmen
Alfred Hitchcocks, vor allem
"Psycho" prägte die Arbeit des Autorenpaars. Bisher war das Horrorgerne dominiert von Vampiren, Werwölfen und Monstren. Doch mit
Hitchcocks mittlerweile zum Klassiker des modernen Horrorfilms avancierten
"Psycho" holte man den realen Horror nach Hause und zeigte den Zuschauern, dass der Terror auch abseits des Phantastischen liegen kann. Horror, der sich näher vor der Haustür abspielte, als man es sich gewünscht hätte.
Mit
"Psycho" schuf
Alfred Hitchcock etwas gänzlich Neuartiges, präsentierte uns die Bestie Mensch in Form des unscheinbaren, gar schüchternden Norman Bates (
Anthony Perkins), der in einem Motel lebte, hin und wieder Frauen tötete und dabei gegen die Stimme in seinen Kopf ankämpfte. Es war jedoch nicht die Stimme der Vernunft, die Norman in den Wahnsinn trieb, sondern die seiner längst verstorbenen Mutter.
Mit
"Halloween" wollte
Carpenter Ähnliches erreichen. Er wollte das perfektionierte Böse kreieren, es auf die Menschheit los lassen und dabei auf phantastische Elemente verzichten. Er wollte, wie es bereits bei
"Psycho" geschah, den Horror nicht mehr in gothischen Schlössern oder alten Ruinen ansiedeln, sondern wie sein Vorbild ebenfalls auf die Probleme unserer Zeit aufmerksam machen und die friedvolle Idylle der US-Kleinstädte in ihren Grundfesten erschüttern.
"Halloween" sollte die Zuschauer schockieren, aber niemals anekeln, er sollte ihnen Angst machen und diese Angst sollte anhaltend bleiben. Denn hinter jedem Baum könnte doch ein Michael Myers auf uns warten ...
Es war jedoch noch ein weiter Weg bis zu den kreischenden Teenagern, die sich in die Sessel kauerten und vor Furcht fasst vergaßen zu atmen. Direkt nachdem
Carpenter und
Hill das Skript abschlossen, begann man mit dem Casting. Budget bedingt waren große Stars schlicht und ergreifend unmöglich, weshalb man überwiegend unbekannte Gesichter verpflichten musste, welche entweder gar nichts kosteten oder nach Tarif bezahlt werden konnten.
Jamie Lee Curtis, die Tochter von
Tony
"Die Zwei" Curtis und
Janet Leigh, welche damals durch die Duschszene in
"Pyscho" bekannt wurde, sollte die Rolle der Laurie Strode übernehmen, wobei sie NICHT die erste Wahl für diese Hauptrolle war. Ursprünglich wollte
John Carpenter die hübsche
Anne Lockhart verpflichten, welche den meisten Zuschauern als Sheba aus der kultigen
"Battlestar Galactica"-Serie bekannt sein dürfte. Doch die junge Schauspielerin lehnte ab und
Debra Hill entschied sich für
Jamie Lee Curtis, welche damals als Vertragsschauspielerin für
Universal arbeitete und bereits durch die TV-Serie
"Operation Petticoat" auf sich aufmerksam machen konnte. Als Tochter zweier berühmter Eltern war sie einerseits abgebrüht genug, um zu wissen, wo es lang geht, aber andererseits auch eine sehr zurückhaltende Persönlichkeit (zumindest im Filmbusiness), welche sehr viel Zuspruch brauchte und ständig Angst hatte, irgendetwas falsch zu machen. Doch ihre Furcht erwies sich als unbegründet. Die gesamte Crew, welche aus Freunden und Bekannten des Porduktionsgespanns bestand, die zudem allesamt kostenlos beim Dreh aushalfen, mochten
Jamie Lee auf Anhieb und nach dem ersten Drehtag rief sogar
John Carpenter bei der nervösen Jungdarstellerin an und bedankte sich für ihre gute Leistung.
Sie war erleichtert und erfreut, dass sie es anscheinend doch geschafft hat, eine gänzlich andere Art von Person zu verkörpern, als sie es war.
John Carpenter machte aus der privat eher flippigen und in der Highschool sehr vorlauten jungen Dame ein zurückhaltendes Mädchen. Laurie Strode, die Babysitterin in
"Halloween", welche auf die kleine Linsey Wallace und Tommy Doyle aufpassen muss, während ihre überdrehten Freundinnen sich lieber den Drogen und den Jungs widmen. Laurie Strode wird zum Objekt der Begierde in Michaels Augen, denn als er sie nach einer spektakulären Flucht vor dem Myers-Haus stehen sieht, meint er seine Schwester in ihr wieder zu erkennen. Von nun an scheint niemand Michael mehr aufhalten zu können. Er meuchelt sich durch die Nachbarschaft und dezimiert nach und nach Lauries Freundeskreis, bis die scheinbar hilflose Babysitterin dem Killer Auge in Auge gegenübersteht.
Die Rolle der beiden weiblichen Nebendarstellerinnen wurde mit
Nancy Kyes (unter ihrem Pseudonym Nancy Loomis) und der talentierten und attraktiven
P.J. Soles besetzt.
Nancy Kyes bekam die Rolle durch ihren Vater
Tommy Lee Wallace (
"Vampires: Los Muertos"), der damals noch als Produktionsdesigner in
"Halloween" fungierte und ein paar Jahre später für den umstrittenen
"Halloween 3" selbst die Regie übernehmen sollte.
Von der aufgeweckten
P.J. Soles (
"Rock´n Roll Highschool") war
John Carpenter nach ihrer kleinen Rolle in
Brian de Palmas
"Carrie" dermaßen begeistert, dass er ihr den Part der Lynda van de Klok (welch ein Name!) bereits ohne ihre Zustimmung auf den Leib schrieb. Ihre Rolle sollte für den nötigen Kontrast im eher stillen und düsteren Film sorgen. Lynda war das vorlaute Mädel, was
Jamie Lee in Wirklichkeit war. Ihr Charakter ist selbstbewusst und zeigt sich sexuell unabhängig - ein Punkt, der in amerikanischen Kino bis dato tabu war.
Doch nach
"Halloween" sollte das Kino von kopulierenden Teenagern nur so überschwemmt werden. Es sollte kaum noch ein Horrorfilm erscheinen, in dem die Protagonisten nicht durch Drogen- oder Alkoholkonsum auffielen, oder aber ihren Tod nach dem obligatorischen Beischlaf fanden.
Wes Craven verbeugte sich in seinem 1996 entstandenen, schnell zum Kultfilm avancierten Slasher
"Scream" nicht nur vor
Carpenters Klassiker und verheizte alle Klischees, die sich in den Jahrzehnten angesammelt hatten, sondern stellte noch einmal für alle zum Mitschreiben die Regeln zum Überleben in einem Horrorfilm auf. Darunter fanden wir auch das Thema Sex:
"Kein Sex, Sex bedeutet Tod...!!!"
"Trick or Treat... or Die! - Werbezeile
Als schlussendlich nahezu alle wichtigen Rollen besetzt waren, fehlte nur noch die des Dr. Loomis, welche eine Schlüsselfigur im Kampf gegen Michael Myers sein sollte. Nun wollte man aber zumindest hier einen namhaften Schauspieler engagieren, hatte aber nicht mehr als 20.000 Dollar für den Star zur Verfügung.
John Carpenters erster Wunsch war Horrorfilm-Legende
Peter Cushing, den
Carpenter zuletzt im Überraschungserfolg eines ebenfalls jungen Filmemachers namens
George Lucas gesehen hatte. In
"Star Wars" übernahm
Cushing einen Cameo als imperialer Offizier und
Carpenter wollte ihm mit der Rolle des Dr. Loomis ein Denkmal setzen. Das böse Erwachen kam aber bei einem Gespräch mit
Peter Cushings Agenten, welcher dem ambitionierten Filmemacher ganz klar zu verstehen gab, dass sich Herr
Cushing niemals für solch eine Low-Budget-Produktion hergeben würde. Das saß tief, doch
Carpenter gab nicht auf und fragte bei
Christopher Lee (
"Dracula") persönlich an, der aber ebenfalls ablehnte, einige Jahre später jedoch zu
Debra Hill und
John Carpenter sagte, dass es der größte Fehler seiner Karriere war, in
"Halloween" nicht mit gespielt zu haben. Doch sind wir mal ehrlich: wer glaubt schon, dass
Lee auch in den anderen Teilen mitgespielt hätte?
Doch sehen wir es einfach mal als Schicksal an, dass beide Genre-Stars ihre Mitarbeit an dieser ominösen Independent-Produktion ablehnten. Während sich
Carpenter von diesem Doppelschock erholen musste, wurde
Irwin Yablans auf
Donald Pleasence aufmerksam, der bereits auf eine umfangreiche Filmografie zurückblicken konnte und sich im Horrorfilm bestens auskannte.
Pleasence hatte sich als sehr vielseitiger Schauspieler etabliert, was er bereits in Filmen wie
"Die Phantastische Reise",
"The Freakmaker" und
"Man lebt nur zweimal" unter Beweis stellen durfte.
Er galt als sehr professionell und es war kein Geheimnis, dass er
Carpenters Skript nicht sonderlich mochte. Er sagte selbst, dass er nicht wüsste, worauf er sich hier einlässt und dass er mit vielen Dingen in dem Drehbuch nicht konform gehen würde. Doch er respektierte den Regisseur und sein Talent, welches bereits in
"Assault on Precinct 13" durchschimmerte. Zudem stellte er immer wieder gerne klar, dass er die Rolle nur für seine Tochter angenommen hatte, die ein großer Fan von
John Carpenters Musik sei.
Für den Regisseur war es eine harte Zeit, er fürchtete sich sogar ein wenig vor
Donald Pleasence und setzte sich dabei stets selbst unter Druck, dem gebürtigen Engländer zu zeigen, dass dieser mehr als einen Haufen junger und unerfahrener Leute erwarten konnte. Doch als
Pleasence erst einmal am Set war, war auch hier alles anders. Zwar beobachtete der Schauspieler seine Umgebung sehr genau und scheute nicht davor zurück, den Regisseur ständig mit Fragen auf die Probe zu stellen, jedoch war es eine angenehme Drehwoche, in der alle sehr viel Spaß hatten.
Pleasence muss es sogar so gut gefallen haben, dass er die Rolle von Dr. Loomis noch ganze fünf Mal gespielt hat.
Ganz umsonst tat er das natürlich nicht.
Pleasance Gage (schlussendlich doch 40.000$) war dann auch der Grund, warum das Budget um 20.000 Dollar überzogen werden mussten. Zudem mussten alle Szenen mit ihm hintereinander in einer Woche gedreht werden, denn für mehr als 5 Tage reichte das Geld einfach nicht aus.
Über
Pleasence Rolle als Dr. Sam Loomis gibt es dafür nicht viel zu berichten, zumindest noch nicht. Loomis primäre Aufgabe, den Gegner von Michael Myers darzustellen, hat hier noch einen zweitrangigen Status und erst in den darauf folgenden Filmen verwandelt sich
Pleasence Charakter in eine facettenreiche Persönlichkeit, welche ihr eigenes Leben opfern würde, um Myers ins Jenseits zu befördern. Im ersten Teil erleben wir eher einen Loomis, der zwar über die Gefahr, welche von seinen ehemaligen Patienten ausgeht, Bescheid weiß und versucht, die Haddonfielder Polizei davon zu überzeugen, nach Myers zu suchen, aber dies entspringt mehr seiner wissenschaftlichen Natur und weicht erst ab dem zweiten Teil einem Drang, das "Böse" zu bekämpfen.
Pleasence verkörpert Dr. Loomis sehr souverän und in jeglicher Hinsicht überzeugend. Er verzichtete auf Overacting und versucht die Rolle des auf sich allein gestellten Professors so realistisch wie möglich zu verkörpern. Hier ist es fraglich, ob dieser "Realismus" auch von einem
Peter Cushing oder von einem
Christopher Lee ausgegangen wären, die sich stets durch ihre Spielweise und Präsenz hervorhoben.
Weiterhin ist es überraschend, wie stark sich
Pleasence ins Team integrierte, obgleich er anfänglich skeptisch war. Doch erst einmal am Set angekommen, wurde er zum Teil der Crew und scheute sich nicht einmal davor Kabel zu tragen. Aber auch während der Drehs versuchte er seine Rolle mit zu gestalten und so geschah es, dass von der Schlusssequenz mehrere Versionen gedreht wurden.
Pleasence fragte
John Carpenter, wie Dr. Loomis Gesichtsausdruck sein sollte, als dieser aus dem Fenster schaut und sieht, dass der maskierte Killer verschwunden ist. Es bestanden zwei Optionen: Einmal der überraschte Blick über das Verschwinden und der "ich habe es gewusst"-Gesichtsausdruck, für den sich
Carpenter schließlich entschied und welcher auf der Leinwand einfach wunderbar rüberkam.
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Nun war es an der Zeit, sich dem geheimen Star des Filmes zu widmen.
John Carpenter wollte Michael Myers zwar nur selten zeigen, aber wenn, dann mussten diese Einstellungen für den Zuschauer ein plastisches Abbild des Bösen ergeben. Er wollte zwar einen Menschen zeigen, dieser sollte aber jeglicher menschlicher Zügen beraubt werden. Aus diesem Grund entschied man sich dafür, Myers Gesicht unter einer Maske zu verbergen. Inspiriert wurde er dabei von dem Film
"Schreckenshaus des Dr. Rasanoff" (
"Les Yeux sans visage") aus dem Jahre 1959. Hier ging es um ein Mädchen, dessen Gesicht verbrannt wurde und eine hautfarbene Maske trug, welche ohne jeden Ausdruck war.
Carpenters Killer sollte seelenlos sein, das Publikum soll keinerlei emotionale Verbindung zu ihn aufbauen können, wie man es vielleicht noch bei
"Psycho" hätte geschehen können. Dafür legte man ihm diverse Masken vor, darunter auch eine Clownsmaske:
"Beinahe hätten wir die Clownsmaske genommen ..." berichtet
Carpenter in einem Interview. Dies wäre eine konsequente Weiterführung der Szene in Myers Kindesalter gewesen, aber hätte den Zuschauer wohl zu sehr abgelenkt und wäre bestimmt auch nicht sonderlich gruselig gewesen. Die ideale Maske fanden sie in einer weißen Halloween-Maske, welche die Gesichtzüge von Captain Kirk aus
"Raumschiff Enterprise" abbildete. Zwar sucht man die Ähnlichkeiten vergebens, aber heute sagt
Carpenter immer wieder gerne, dass er Kirk-Darsteller
William Shatner danken müsse. Ohne ihn wäre
"Halloween" nie so ein erfolgreich geworden. Für
Carpenter war es die perfekte Maske. Sie zeigte keinerlei Leben, war dennoch ausdrucksstark genug, um in die Geschichte des Horrorfilms einzugehen. Jedoch mussten einige kleine Details verändert werden. So wurden die Augen etwas größer ausgeschnitten, Kotletten an den Seiten entfernt, die Harre zerzaust und zuletzt die ganze Maske noch einmal weiß eingefärbt. Fertig war das schauderhafte Abbild des Bösen. Michael Myers war geboren und Halloween sollte nie mehr so sein, wie es vor
John Carpenters Ankunft in Haddonfield gewesen war.
Zum Zeitpunkt des Drehs besuchte
Nick Castle das Set und fragte seinen Freund
John Carpenter, ob er ein wenig zuschauen könne.
Castle wurde später selbst Regisseur und war zuvor bereits in
John Carpenters Klassiker
"Dark Star" zu sehen. Später sollte er zusammen mit
Carpenter am Drehbuch zum 1981 erscheinenden Kultfilm
"Escape from New York" arbeiten. Der Besuch
Castles kam für
Carpenter gerade gelegen, denn wenn schon Zaungäste anwesend sind, dann konnte man diese doch auch gleich in den Entstehungsprozess einbinden. So drückte er ihm die Maske in die Hand und steckte ihn in einem Overall, den Myers von einem Tankwart klauen sollte.
Castle, der 25 Dollar pro Tag kassierte, war der Glückgriff für
Carpenter und lieferte eine grandiose Performance ab. Er spielte Myers nicht einfach, sondern war Myers. Er verlieh dem schweigsamen Ungeheuer eine ganz besondere Erhabenheit und bewegte sich zur Freude des Regisseurs unglaublich bedacht. Myers rennt niemals, er macht nahezu keine schnellen Bewegungen, erreicht dennoch immer sein Ziel und wirkt gerade deshalb so Furcht erregend. Ein Gegner, den man nicht einschätzen kann und mit Sicherheit mehr als ein normaler Psychokiller. Im Laufe des Films merkt man immer mehr, dass wir es hier mit einem Übermenschen zu tun haben, einem Tier, welches Jahrzehnte lang eingesperrt war und nur auf den richtigen Moment gewartet hat, sein von finstren Mächten geleitetes Werk vollenden zu können.
Obgleich
Carpenter seinen Killer nicht als übernatürliches Wesen charakterisieren wollte, merkt man immer wieder, dass Myers eine unaufhaltsame Tötungsmaschine ist, welche über eine enorme Kraft verfügt. In der Sequenz, als Myers einen sein Opfer an der Kehle packt, ihn gegen die Tür presst und ihn anhebt, um ihn sein Messer in den Körper zu rammen, wird dem Zuschauer klar, dass sie es hier vielleicht doch mit dem personifizierten Bösen in Menschengestalt zu tun haben, wovon Dr. Loomis predigte.
Castle machte aus der Sequenz im Übrigen einen wirklichen Eyecatcher, denn er bleibt einfach vor dem hängenden Leichnam stehen, um - was seine Idee war - den Toten einfach nur anzuschauen. Er senkt den Kopf von links nach rechts und es sieht aus, als würde sich ein Künstler sein Werk anschauen. Gänsehaut pur!
Jedoch macht
Carpenter einen Fehler. Er raubt dem Bösen dessen Größe und Unantastbarkeit, indem er später Myers Gesicht zeigt. Über die Notwenigkeit dieser Sequenz scheiden sich die Geister.
Carpenter wollte ein jugendliches, unschuldiges Engelsgesicht, weshalb
Castle schon einmal außen vor war. Man entschied sich für den 1957 in Burbank, Kalifornien geborenen
Tony Moran, der dem Publikum für wenige Sekunden sein Gesicht zeigen darf. Als Laurie Strode es schafft, ihren Peiniger die Maske vom Kopf zu reißen, erblickt man kurzerhand das Antlitz eines 23 Jahre alten Michael Myers, der seltsamerweise leicht entstellt ausschaut und nicht so recht in diesen spannenden Moment passen möchte. Einige Jahrzehnte später wird diese Entblößung zum Aufhänger im 5. Teil der
"Halloween"-Reihe gemacht, in dem es heißt:
"Das Böse lässt endlich seine Maske fallen.". Leider sieht der Zuschauer hier schon mehr als im vierten Aufguss der Reihe.
Dies ist übrigens die einzige Szene, die sich inszenatorisch als etwas ungeschickt herausstellt. Sie bremst den Film zum falschen Zeitpunkt aus und raubt dem Charakter Michael Myers ihre diabolische Präsenz. Dies fällt aber erst im DVD-Zeitalter besonders unangenehm auf. Das saubere DVD-Master zeigt deutlich mehr an Details als es damals im Kino möglich war und auch bei der abgedunkelten VHS-Auswertung fiel die Sequenz nicht so deutlich auf. Für's Kino muss es damals aber wohl gereicht haben, den bei jeder Vorstellung schrie das Publikum lauthals auf, als das "Böse" sich zu erkennen gab ...
"War das der schwarze Mann?" - Laurie Strode
"Wenn sie mich fragen, war er es ..." - Dr. Sam Loomis
4 Wochen hatte die Crew Zeit einen Film zu erschaffen, der sein Publikum das Fürchten lehren sollte. Doch mit jenem geringen Budget musste
Carpenter auf einigen Luxus verzichten, der anderen Filmemachern ihre Arbeit erleichtert hätte. Dabei ist er heute noch der Meinung, dass sein Film auch mit zwei Millionen Dollar nicht besser ausgesehen hätte. Auf große Bluteffekte müssen wir in
"Halloween" gänzlich verzichten. Hier hieß es zwar auch, dass diese im Budget einfach nicht mehr drin waren, aber das hätte den Film kaum besser gemacht. Der Horror spielt sich hier schließlich im Kopf ab, und wenn Myers den Hund tötet, man nur ein Winseln hört, schmerzt dies deutlich mehr als jede noch so gorige Sequenz.
Carpenter setzt bei
"Halloween" mehr auf Suspense und eine düstere, bedrohliche Atmosphäre, die sich wie ein paar Jahre später der Nebel aus
"The Fog" über die friedliche Kleinstadt legt.
Hier wird mehr Wert auf ruhige Momente gelegt und man verzichtet komplett auf schnelle Bilderfolgen. Vielmehr werden langsame Kamerafahrten zelebriert, einzelne Close-Ups auf die Gesichter der Protagonisten oder aber die Kamera bleibt einfach nur starr auf einen Punkt fixiert und beobachtet wie das Geschehen wie ein Voyeur.
Einer der beeindruckendsten Szenen ist wohl die Anfangsequenz in
"Halloween". Für diese Szene konnte
Carpenter keine Schienen für den Kamerawagen durch das Haus legen und so kam ihn eine neu entwickelte Kameratechnik gerade recht: die SteadiCam, welche bisher kaum zum Einsatz kam und im Kino erstmalig 1976 in
"Rocky" eingesetzt wurde. Dieses komplexe Halterungssystem für tragbare Kameras ermöglicht nahezu verwacklungsfreie Bilder von einem sich frei beweglichen Kameramann und kann trotzdem leicht mitfedernde Bewegungsabläufe einfangen.
In
"Halloween" fährt die Kamera auf ein Haus zu und wir bekommen suggeriert, dass ein Fremder zwei Teenager in dem Haus beobachtet. Als beide nach oben gehen, geht der Fremde etwas zurück, schaut nach oben und bewegt sich auf den Hintereingang des Hauses zu. In der Küche angelangt öffnet er die Schublade und greift nach einem Fleischermesser. Ab hier sehen wir, dass die Hand einem Kind gehört, das sich auf den Weg nach oben zu dem Mädchen macht, dessen Freund gerade das Haus verlassen hat. Er nimmt sich die Clownsmaske, die auf den Boden liegt, stülpt sich diese über den Kopf und geht zu dem nackten Mädchen, welches gerade vor dem Spiegel sitzt. Das Messer blitzt auf und wie in Trance sticht der Junge solange zu, bis das Mädchen tot am Boden liegt. Er wendet sich ab und läuft die Treppe herunter auf die Straße raus, wo die Eltern des Mädchens gerade angefahren kommen. Die Maske wird ihm abgenommen und die Kamera zeigt auf einen kleinen Jungen, der soeben seine Schwester ermordet hat.
Diese Sequenz war ihrer Wirkung ebenso genial, wie sie während des Drehs schwierig war. Sie wurde mehrfach geprobt, weshalb man keine Kinderhand nehmen konnte, welche zum Messer greift, die Maske aufhob oder Michaels Schwester ersticht. Diesen Job musste
Debra Hill übernehmen, welche als Einzige zierliche Hände hatte, welche als Hände eines Kindes durchgehen konnten. Das nächste Problem war, dass die Filmrolle immer kurz vor dem Verlassen des Hauses zu Ende war und
Carpenter diese Sequenz ohne einen einzigen Schnitt haben wollte. Doch es nützte alles nichts, weshalb man an zwei kleinen Stellen jeweils einen Schnitt einbringen musste, wovon der Zuschauer im fertigen Film aber nichts mehr mitbekommt. Lediglich einem geschulten Auge dürften diese beiden Stellen wirklich auffallen.
Die Eröffnungssequenz in
"Halloween" zählt auch heute noch zu den Beeindruckensten im ganzen Horrorgenre, aber auch der Rest zeichnete sich durch eine überragende Optik und einer traumhaften Ausleuchtung aus, welche seinesgleichen sucht. So z.B. auch die Szene, in welcher sich Myers plötzlich hinter Laurie aus der Dunkelheit hevor kommt. Eine von vielen Gänsehaut-Sequenzen, bei denen der Zuschauer förmlich spürt, wie motiviert die gesamte Crew an diesem Film gearbeitet hat. Alles war weit entfernt von gelackten Big-Budget-Streifen und trotzdem erzielte man mit den geringen zur Verfügung stehenden Mitteln ein Optimum an filmischer Qualität.
Da können kleinere Patzer gar nicht mehr störend auffallen, sondern steigern schlussendlich den über Jahrzehnte ungebrochenen Charme des Filmes umso mehr. So auch der Patzer mit den Palmen im Hintergrund. Obgleich
"Halloween" im mittleren Westen spielen sollte, wurden alle Sequenzen in Südkalifornien gedreht. Hier bestand das Problem darin, dass der Film mitten im Frühling gefilmt wurde, man aber eine herbstliche Location anvisierte hatte und kreieren müsste. Stets wuchsen Palmen ins Bild, weshalb man um diese herumfilmen musste. Dies glückte leider nicht immer, was der Grund ist, weshalb man im fertigen Film hin und wieder einige dieser Gewächse zu Gesicht bekommt. Desweiteren bekam die Crew riesige Tüten mit gelb gefärbten Blättern geliefert, welche mit Hilfe eines großen Ventilators vor die Kamera wehen mussten, damit die Illusion einer Herbstlandschaft auch perfekt war. Der Nachtteil daran war jedoch, dass man das Material für weitere Szenen wieder zusammen suchen mussten.
"The Trick Is To Stay Alive!" - Werbezeile
John Carpenter zeigte den fertigen Film einer Verantwortlichen der Filmstudios und kassierte direkt harsche Kritik. Ohne den treibenden Score, den
Carpenter innerhalb von nur drei Tagen komponierte, mache
"Halloween" keine Angst, er würde nicht funktionieren, gar langweilig sein, sagte man ihm. Doch Dank der Synthesizerklänge wuchs der Film über sich hinaus und lies ihn viel effektiver und nervenaufreibender erscheinen, ja er katapultierte
"Halloween" in die qualitativ nächsthöhere Dimension.
Irwin Yablans und
Moustapha Akkad waren sich beide sicher: Was hier produziert wurden, wird sein Publikum uneingeschränkt in seinen Bann ziehen.
Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Zusammen mit
Joseph Wolf (
"A Nightmare on Elm Street") wollten sie
"Halloween" in die Kinos bringen und suchten nach einem Verleih für den Film. Doch niemand wollte sich erbarmen und so musste man den Film selbst in die Kinos bringen. Zeitgleich zeigte
John Carpenter seinen Film in seiner alten Klasse, wo einige noch während der Vorführung den Saal verließen. Beim anschließenden Gespräch mit dem Regisseur stieß sein Werk auf regelrechte Verachtung. Die Zeichen standen also alles andere als gut. Selbst der Vertrieb in den einzelnen Kinos lief sehr mühselig. Zwar leistete
Irwin Yablans gute Überzeugungsarbeit und konnte für wenig Geld auch einen große Menge an Kopien fertigen lassen, dennoch war
"Halloween" weit davon entfernt, ein kommerzieller Erfolg zu werden. Er startete am 25. Oktober 1978 und konnte keine großen Besucherzahlen verbuchen.
Carpenter und Co. warteten jeden Tag am Telefon, um die Einspielergebnisse der Kinos zu erfahren. Es sah zwar nicht so aus, als würde ihr Film floppen, aber zufrieden konnte man mit dem Ergebnis ebenfalls nicht sein.
Doch urplötzlich, von einem Tag auf den anderen, verdoppelten sich die Besucherzahlen, die Woche darauf wurden die Einspielergebnisse verdreifacht und darauf vervierfacht.
"Halloween" war in aller Munde, egal ob positiv oder negativ, jeder mussten diesen Horrorfilm sehen. Es ging herum wie ein Lauffeuer und der Rest ist eigentlich Filmgeschichte.
"Halloween" wurde mit Preisen überhäuft, bekam beim "Chicago Filmfestival" außerordentlich gute Kritiken und die Verleiher rissen sich schlussendlich um den Film, den sie wenige Wochen zuvor nicht einmal mit dem Arsch angeschaut hätten. Somit mauserte sich
John Carpenters Werk zu dem profitabelsten Independent-Film aller Zeiten und spielte weltweit mehr als 70 Millionen Dollar ein.
"Halloween" entwickelte sich zu einem Phänomen, dem selbst die Kritiker nichts mehr entgegen zusetzen hatten.
Und gerade die hatten an
"Halloween" einen Narren gefressen. Allein wegen den Morden an sexuell freizügigen Frauen musste sich
Carpenter mehr als einmal rechtfertigen. Wenn man bedenkt, dass es damals schon durchaus gewalttätigere Filme gab und das jene Kritiker sich bei der Sichtung von aktuellen Filmen wie
"Hostel" oder dem
"Hills have Eyes"-Remake heute wahrscheinlich direkt neben Myers eine Zelle in der Geschlossenen gesichert hätten, wirken diese Unkenrufe aus heutiger Sicht wahrlich nur amüsant.
Für
Carpenter war das nie ein Thema, er interpretierte in seinen Horrorfilm, wenn überhaupt, von jeher etwas ganz anderes hinein. Für ihn war es ein Film über die Rache der Unterdrückten und zwar in zweierlei Hinsicht. Myers wurde jahrelang unterdrückt und eingesperrt,-bricht aus seinem Gefängnis aus und will sich an seinen Peinigern rächen. Auf der anderen Seite ist aber auch Laurie Strode ein Opfer, welches sich schließlich gegen ihren Unterdrücker - in diesem Fall Michael Myers - zur Wehr setzt. Zudem stellt man sehr gerne Parallelen zu
"Assault on Precinct 13" her, welche aber ins Absurde führen würden. Heute sagt
Carpenter, dass sein Horrordebüt nichts anderes als ein kleiner Horrorfilm geworden ist - und zwar auf einer minimalistischen, dafür umso effektiveren Ebene. Und es scheint
Carpenter nicht sonderlich zu gefallen, wenn man seinen Film überinterpretiert.
Doch wie man es dreht und wendet. Voller Enthusiasmus und Effektivität präsentierte uns
John Carpenter sein Monster namens Michael Myers, in einem Film, der Generationen überdauernd alles in den Schatten stellt, was an Plagiaten und Rip-Offs in die Kinos kommen sollte.
"Halloween" setzte Maßstäbe und gilt auch heute noch als Inspirationsquelle für ambitionierte Filmemacher.
John Carpenter war es, der den modernen Horrorfilm wieder salonfähig machte, er hat das Böse zurück auf die Leinwand geholt und ihn vielleicht auch kommerzialisiert, wie es ihm einige vorwarfen. Doch wäre
"Halloween" damals nicht so ein Erfolg geworden, würde es heute solche Filme wie
"Freitag der 13." oder aber die
"A Nightmare on Elm Street"-Reihe mit Sicherheit nicht in dieser Form geben. Der Slasherfilm wäre mit Michael Myers verschwunden und wir hätten uns wahrscheinlich nicht einiger wirklich originellen Slasherfilmchen erfreuen können. Auf der anderen Seite wäre uns natürlich auch eine Menge Mist erspart geblieben, aber alles hat seine Schattenseiten ...
"Halloween" gilt als Urgestein des Slasherfilms und hat schon damals unbewusst Regeln für weitere Produktionen aufgestellt, welche von Film zu Film klarere Strukturen annahmen und zudem immer gewalttätiger wurden. Bereits nach der Entjungferung dieses Subgenres wollte man von Suspense nicht mehr viel wissen. Nackte Tatsachen und viel Blut wollte das damals noch prüde Publikum plötzlich sehen; schreiende Teenager, welche am besten mitten im Geschlechtsakt zu Tode kommen. Die Wunden sollten klaffen und das Blut musste fließen. Da kam Jason Voorhess gerade gelegen, um das Publikum in Angst und Schrecken zu versetzen. Ein weiterer maskierter Killer, der noch aggressiver voran schreiten sollte als es Myers in seiner langen Laufbahn jemals tun sollte. Der Slasherfilm veränderte sich immer mehr und die Schwelle zum reinen Splatter wurde bald überschritten. So passierte es, dass die unzähligen
"Halloween"- und
"Friday the 13th"-Rip-Offs immer dummdreister wurden, ja selbst in den eigenen Reihen fing es unter den Masken gewaltig an zu stinken. Musste
John Carpenter damals gänzlich ohne Blut auskommen, konnte man sich Jahre später vor Blut gar nicht mehr retten. Es wurde eintönig, um nicht zu sagen: langweilig, und es schien so, als würde sich das Genre selbst viel zu ernst nehmen. Man ist von dem Weg abgekommen, den
Carpenter uns geebnet hatte und erst Kultregisseur
Wes Craven (
"The Hills have Eyes") war es, der das für tot erklärte Genre wieder reanimierte und in ein neues Jahrtausend führte. Jeder Generation braucht ihren Filmemacher, jede Generation braucht ihren Film.
Mit
"Scream" hat
Wes Craven den Slasher-Film dann in eine ganz andere Richtung gelenkt, er machte ihn salonfähig und schaffte es, diesen dem Genre anhaftenden übelriechenden Gestank los zu werden. Horror war wieder in aller Munde, er nahm sich nicht mehr so ernst und doch war es
Craven, der in seiner munteren Zitate-Revue den Vater aller Teen-Slasher würdigte.
Spätesten mit Beginn des neuen Jahrtausends war der Horrorfilm endgültig am Massenmarkt etabliert und egal ob Jason, Freddy oder Myers, sie alle durften wieder auf der großen Leinwand für Angst und Schrecken sorgen, mussten sich aber einer Frischzellenkur unterziehen und wurden immer mehr ein Abbild der MTV-Generation. Selten erreichte einer dieser Filme jemals wieder den Charme eines
"Halloween", sie trafen wie ihr Vorbild aber genau den Nerv ihrer Zeit. So entstand eine Reizüberflutung aus schnellen Bildwechsel, harten Goreeffekten und den mit Silikon gefüllten Brüsten weiblicher Opfer. Ein Kulturschock wie noch vor knapp 25 Jahren wird die heutige Generation mit
"Halloween" wohl nicht mehr erleben und erweist in den Augen einiger "jüngeren" Semestern, welche mit der neuen Generation der Teen-Slasher groß geworden sind Verschleißerscheinungen auf. Dennoch bleibt
Carpenters Horrorklassiker unvergesslich und hat sich einen festen Sitz im "Horror Heaven" sichern können. Zudem ist das Halloween-Fest seit Myers Auferstehung ein ganz anderes geworden. Es steht zwar weiterhin im Zeichen des Kürbis, jedoch hält Michael Myers diesen fest in seinen Händen und sticht sein Messer einmal quer durch den schelmisch grinsenden Schädel...
"Halloween" - TV-Version
Im Jahre 1980 ging der Film zwecks einer TV-Ausstrahlung für ganze 4 Millionen US-Dollar an NBC. Dort verlangte man jedoch eine längere Laufzeit des Filmes, so dass
Carpenter kurzfristig während der Dreharbeiten zum 2. Teil einige Szenen nachdrehen musste. Insgesamt waren es knapp 10 Minuten und 3 Sequenzen, welche er nachdrehte, die den Film aber nicht sonderlich aufwerten. Im Grunde war es nur Füllmaterial, welches im Kontext zum zweiten Teil durchaus Sinn macht. So sehen wir Loomis, wie er in Myers Zimmer steht und zu dem noch jungen Michael spricht oder wie er nach Myers Flucht in dessen Zimmer das Wort "Sister" an der Wand stehen sieht. So wird erklärt, woher Loomis weiß, wohin der Killer flieht. Außerdem lässt es die Seelenverwandtschaft zu Laurie Strode erkennen, welche im zweiten Teil kurzerhand zu Myers Schwester gemacht wird.
"Halloween" - Der Mythos geht weiter...
Nach den unzähligen DVD-Veröffentlichungen des Meisterwerkes in allen Ländern sicherte sich das Independent-Label
Synapse Films die Rechte an
"Halloween". Kurze Zeit darauf verkündete Geschäftsführer
Don May Jr., der der
Fangoria ein exklusives Interview gab, dass man tonnenweise unbenutztes Filmmaterial gefunden hätte. Die Originalnegative wären fast allesamt in den Müll gewandert und man kann von Glück sprechen, dass man Negativrollen gefunden hat und vor dem sicheren Tod retten konnten. Sämtliches Material enthält alternative Kameraeinstellungen bzw. unveröffentlichtes Material. Unter anderem sollte sich hier auch das ursprüngliche Ende des Filmes befinden. Wie weiter oben bereits angedeutet, sollte Myers im Originalskript sterben - diese Szene wurde auch gedreht. Ein Tag später lies
Carpenter die Sequenz noch einmal neu drehen und Myers verschwinden. Nun ist es natürlich fraglich, ob wir nur eine neue DVD-Edition mit erweitertem Bonusmaterial zu Gesicht bekommen oder
Synapse Films John Carpenter dazu bewegen kann, noch ein letztes Mal Hand an
"Halloween" anzulegen, um den Fans eine alternativ Fassung zu präsentieren. Ob wir diese alternative Version überhaupt brauchen, bleibt einmal in Frage gestellt. Doch eins ist klar: Vom originalen
"Halloween" haben wir nicht das letzte Mal etwas gehört ...