"A fashion house of glamorous models becomes a terror house of blood!"
Mario Bava schuf 1963 mit
"Blutige Seide" nicht nur irgendeinen Film, nein, er schuf und prägte gleich ein ganzes Genre: Den sogenannten "Giallo". "Giallo" bedeutet ganz einfach "gelb" und bezieht sich auf die Seitenfarbe der alten italienischen "Schundromane".
Die Story ist im Grunde immer wieder die selbe: Ein maskierter, behandschuhter Mann (Ausnahmen lassen sogar Frauen zu Mörder werden), tötet schöne Frauen auf grausame und surrealer Art und Weise. Dies hört sich jetzt natürlich nach dumpf-blöden Slasherfilmen an, aber der "Giallo" hob sich schon immer von dem üblichen Sub-Genre des Slasher-Films ab und
"Blutige Seide" ist wirklich eins der besten Beispiele dafür, dass man mit einem einfachen Drehbuch, ordentlichen Darstellern und einer guten Kameraführung ein optisches Meisterwerk hinlegen kann, welches noch Jahrzehnte später als Vorbild für so manches blutiges Treiben gilt.
Eindeutig geprägt von
Hitchcocks "Psycho" schuf
Bava hier eine ganze Reihe von harten, jedoch optisch beeindruckenden Mordszenen, die zu einem viel zitierten und oft

kopierten Stilmitteln wurden und heute noch in Filmen
Dario Argentos ihr zuhause finden.
"Blutige Seide" ist ein Meisterwerk mit wundervollen Bildern, die meist durch ein Barock ähnliches Setting geprägt wurden.
Bava spielt hier mit Farben, Licht und Kamera und schafft es, durch eine unglaubliche Ausleuchtung optisch einen wundervollen Film zu schaffen, dessen Leitfaden die Farbe rot ist, welche im Film immer wieder in den Vordergrund gerückt wird. Seinen es die Puppen, die Telefone und das Tagebuch, alles Dinge, die genau ins rechte Licht gerückt wurden. Die sehr surreale Ausleuchtung kann man in dieser Intensitiät heute nur noch in
Argento's Filmen sehen,

vor allem
"Inferno", in dem
Mario Bava das letzte Mal für die Spezialeffekte und inoffiziell auch für die Kamera verantwortlich war, erinnert optisch sehr an
"Blutige Seide".
Dario Argento, ehemals Schüler
Mario Bavas, sagt ja selbst,
dass gerade
"Blutige Seide" zu den Lieblingsfilmen seines Mentors gehört, was man wie bereits erwähnt vor allem in
"Inferno" deutlich sieht.
Bavas Kameraführung ist absolut unkonventionell und nicht vergleichbar mit den ganzen der Hollywood-Produktionen der 60er Jahre. Dies erkennt man vor allem immer in den Szenen deutlich, die im Mode Salon spielen, wo
Bava in Dialogszenen drauf verzichtet, die Protagonisten in einzelnen Einstellungen zu zeigen ("Schuss gegen Schuss"-Technik), nein er positioniert die Kamera starr an einer Stelle und filmt so die Darsteller zusammen. Dies zeigt deutlich
Bavas visuelles Geschick und hebt so das Dekor und die Ausleuchtung sehr stark hervor. Das hat zur Folge, dass viele gerade jünger Zuschauer sehr befremdend auf diese Art der Inszenierung reagieren und sie sogar als langweilig bezeichnen.
Die Morde sind für einen fast 40 Jahre alten Film extrem hart ausgefallen, auch wenn so gut wie kein Blut fließt, wurden sie "schön" inszeniert. Jeder einzelne Mord hat eine ganz bestimmte Note und

wurde immer sehr verstörend und dennoch sehr ästhetisch gefilmt. Man muss natürlich dazu sagen, dass die meisten Leute heutzutage kaum etwas mit dieser Art der Darstellung anfangen können, da es den "jungen" Leuten einfach zu harmlos zur Sache geht. Ich nenne sie mal ganz einfach
"MTV"-Generation, ohne jetzt jemanden Nahetreten zu wollen, aber man muss ganz ehrlich sagen: Würde ein Film wie
"Blutige Seide" heute im Kino laufen, würde er gnadenlos untergehen, was einfach an dem Generationsunterschied liegt. Man braucht heutzutage schon ganz andere Kaliber, um die Jugend zu schocken und wenn wir mal 20 Jahre weiterdenken, sagen wir das selbe bestimmt auch über die heutzutage eher belächelten
"Scream"-Filme.
Wie dem auch sein,
"Blutige Seide" ist ein Giallo-Klassiker, der zu Anfang noch zu den bekannten "Whodunit" (wer-war-das?)-Vertretern zählt, dies lässt
Mario Bava jedoch zum späteren Zeitpunkt fallen, weshalb der Film sich auch am Schluss ganz ohne Hilfe der Polizei von selbst auflöst. Auch diese Wendung wurde in späteren Filmen sehr oft angewandt, so z.B. auch in seiner extremen Form bei
Wes Cravens "Scream", welcher ebenso wie
"Blutige Seide" zwei Mörder offenbart.
Zum Schluss sollte noch erwähnt werden, dass
"Blutige Seide" zwar kein intellektuelles Kino ist und man viele Dinge einfach nicht zu ernst sehen sollte, da sonst der Spaß verloren geht, aber
"Blutige Seide" ist trotzdem und wahrscheinlich gerade deshalb ein unübertroffenes Meisterwerk und gehört wohl zu den wichtigsten und wegweisendsten Filmen des Genres.
"Blutige Seide" ist ein Erlebnis, das man nicht missen sollte und ich hoffe, dass die heutigen 16jährigen, die den Film bestimmt sehen werden, trotz des großen Generationsunterschiedes sich in die Vergangenheit entführen lassen, um etwas Spaß an den Film zu haben.
"Anolis und Edition HÄNDE WEG präsentiert ..."
Hände Weg? Auf keinen Fall! Dafür haben wir viel zu lange auf eine ordentliche Veröffentlichung dieses Klassikers gewartet, zumal es ja nicht einmal eine deutsche Veröffentlichung auißerhalb des Kinos gab. Zudem war die damalige Kinofassung stark verstümmelt und trotzdem ab 18 Jahren freigegeben, was für heutige Verhältnisse nahezu lächerlich erscheint. Umso schöner ist es, das
"Der Geheimnisvolle Film Club Buio Omega" in Zusammenarbeit mit
Anolis Entertainment den Film in seiner ungekürzten Version neu hat prüfen lassen und
"Blutige Seide" nun als Moderner Klassiker ab 16 freigegeben wurde.
Bei der Veröffentlichung von
Mario Bavas Meisterwerk hat man sich sehr viel Mühe gegeben und neben einer 6minütigen und sehr informativen
Einleitung von
Thomas Reiner, der
den Komissar in
"Blutige Seide" spielt, gibt es noch ein
Interview mit Komponist
Carlo Rustichelli, der uns 8 Minuten lang über seine Zusammenarbeit mit
Mario Bava berichtet. Diese Interview wurde auf italienisch geführt und löblicherweise Deutsch untertitelt. Dann ließt uns
Thomas Reiner noch die Kritik des Katholischen Filmdienstens aus dem Jahre 1964

vor, was einen schon zum Schmunzel bringt, wenn man hört, was sie dem Film für eine Grausamkeit zuschreiben. Weiterhin finden wir auf den Silberling
Filmografien von
Mario Bava, Eva Bartok, Thomas Reiner und
Cameron Mitchell, eine
Trailershow mit 4 verschiedenen Trailern, unter anderem der nie veröffentlichte Trailer mit dem Alternativtitel:
"Der Würger mit der Maske" und eine
Bildergalerie mit äußerst seltenen Bildmaterial, Werberatschläge und Artworks des Filmes. Noch dazu gibt es unter
"zensierte Szenen" sämtliche Sequenzen zu sehen, die damals in der alten Kinofassung herausgeschnitten wurden und heute natürlich wieder enthalten sind. Hierbei kann man sich erst die geschnittene Szene anschauen und diese dann mit der drauflogenden ungekürzten Version vergleichen. Absurd kann man dazu nur sagen.
Last but not least bekommen wir dann noch einen tollen und sehr informativen Audiokommentar von
Robert Zion (Schriftsteller und Designer) und
Christian Kessler (Filmgelehrter) zu hören, die auf tolle Art und Weise den Film dokumentieren. Zum Schluss sei noch das schön gestaltete Booklet zu erwähnen, welches noch viel Hintergrundinformationen bietet und von
Robert Zion gestaltet wurde. Ebenfalls sollte man die Verpackung erwähnen, die allein schon zum Kauf animiert. Das Digipack wird von einem Schuber aus schwarzem Samt umschlungen, welches mit einem roten Aufdruck geprägt wurde. So etwas gab es bis jetzt noch nie und ist sicherlich eine Bereicherung in jeder DVD - Sammlung und zudem streng limitiert. Über die vorhandenen
Hidden Features verlieren wir natürlich kein Wort, die müßt ihr selbst finden.
Kommen wir nun zu Bildqualität der DVD. Für einen rund 40 Jahre alten Film hat man hier wirklich eine tolle Leistung vollbracht, obgleich man das Alter nicht verbergen konnte. Der anamorphe Transfer besticht durch seine tollen Farben, die hier intensiv dargestellt werden, so wie es vom Regisseur gewollt war. Bildrauschen fällt nur selten und wenn dann bei hellen Flächen auf und auch der Kontrast

kann überzeugen und verschluckt nur selten nötige Details in dunklen Szenen. Einziges Manko ist die Schärfe, die etwas besser hätte sein dürfen und den Transfer recht weich erscheinen lässt. Zudem erscheinen die Konturen stellenweise etwas zu hart und Treppenmuster machen sich bemerkbar. Für einen Film dieses alters, dürfen wir mit dem Schärfeverhalten aber durchweg zufrieden sein, obgleich bis auf einige Nahaufnahmen das Bild nie wirklich scharf wirkt. Dies hat unter anderem aber auch etwas mit den stehenden Rauschmustern zu tun, welche sich hin und wieder zu erkennen geben. Neben einigen Helligkeitsschwankungen, welche kaum der rede wert sind, fallen noch des öfteren Negativkratzer und Defekte auf, welcher aber kaum zu vermeiden waren. Die Kompressionen arbeiten überwiegend sauber, hin und wieder fallen leichte Blockbildung im Hintergrund auf. Aber das ist alles im anbetracht des Alters und der Vorlage akzeptabel Kritikpunkte und haben kein Einfluss auf den Filmspass.
Der deutsche Monoton klingt sehr verständlich, altersbedingt etwas dumpf mit leichten Verzerrungen in den Höhen. Störungen fallen kaum auf, hin und wieder mal ein etwas Knacksen oder ein leises Rauschen, ansonsten kann man durchweg zufrieden sein. Der italienische Track klingt in den Dialogen etwas dumpfer und blechern, verzerrt dafür aber kaum im Hochtonbereich, offenbart jedoch minimal mehr Rauschen. Optional lassen sich wie bei
Anolis üblich deutsche Untertitel hinzuschalten.
Die auf 1000 Stück limitierte (auch wenn es nicht drauf steht, mehr als 1000 Stück gibt es nicht) Auflage ist wirklich ein Prachtstück und gehört in jede Sammlung eines
Mario Bava Fans und Liebhaber des "Giallo". Mittlerweile ein Gesuchtes Sammlerstück und nicht mehr erhältlich, werden in gewissen Auktionshäusern horente Preise dafür gezahlt, da es die DVD in dieser Form und dieser Ausstattung so schnell nicht mehr geben wird.
"BLUTIGE SEIDE unplugged"
Fast zwei Jahre und der Grund, weshalb wir diesen Artikel von Grund auf saniert haben, ist die kürzlich erschienende Neuauflage des Titel, ebenfalls von
Anolis in Zusammenarbeit mit der
e-m-s. Bereits vor Erscheinen wurde diese Veröffentlichung bei den Fans und Besitzern der

"Samt-Edition" stark kritisiert. Von Abzocke war die Rede und das obgleich man bei
Anolis eindeutig sagte: "Es wird in dieser Form keine Zweitauflage geben!" So, liebe Leser und Leserinnen, was ist daran jetzt Abzocke?
Anolis hielt ihr Versprechen und legte nach der großen Nachfrage (man möchte ja schließlich auch etwas Geld verdienen) den Titel neu auf, ließ den italienischen Track weg, entfernte bis auf einen
Trailer und eine
Bildergalerie jegliches Zusatzmaterial, ja selbst das informative Booklet musste einem einfachen Kapiteleinleger weichen und aus dem Digipack mit hübschen Samt Schuber wurde eine einfache Amaray-Hülle mit einem leider recht unansehnlichen Cover, welche bereits das Digipack zierte. Somit liegt uns die ideale Kaufhaus-Fassung vor und die Käufer der limitierten Edition können aufatmen. Nun meckern natürlich die anderen Fans, die nicht in den Genuss des tollen Bonusmaterials kommen können. Aber versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen. Ungeachtet der fehlenden Extras sind Bild und Ton identisch mit der Erstauflage und wer
"Blutige Seide" bisher noch nicht sein Eigen nennen durfte und für die Erstauflage keine hohen Preise zahlen möchte, sollte hier zugreifen. Der Film ist immer noch der selbe ...